Das Ende von
Model T – der Beginn des Design
Fords Erfolgsmodel T war seit seinem Erscheinen 1908 nicht
zu stoppen. Die Konkurrenz verzweifelte. Ford expandierte nach Europa und die
Europäer pilgerten nach Dearborn, um zu sehen, wie man erfolgreich Autos am
Fließband produzierte. Doch dann geschah etwas Erstaunliches: 1925 stagnierten
die Verkäufe von Model T und gingen dann dramatisch zurück. Gleichzeitig hatte
der neue Vorstandsvorsitzende von Fords Erzrivalen General Motors, Alfred P.
Sloan, einen raffinierten Plan: Offensichtlich reichte den Amerikanern die
Funktionalität von Model T nicht mehr; sie wollten zusätzlich Modernität, Glam,
Status – und zwar ablesbar über die Form ihres Autos. Das wollte GM ihnen
geben, abgestuft in einer hierarchischen Markenpyramide und innerhalb jeder
Marke breit aufgestellt (GM war als Zusammenschluss verschiedener Hersteller
und Marken entstanden). Jetzt brauchte Sloan nur noch jemanden, der das
Erscheinungsbild, den Look jeder Marke und des Gesamtkonzerns definierte – er
brauchte einen Designer!
Harley Earl am Steuer des von ihm designten LaSalle von 1927 (GM Corp.)
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Der Vater des
Automobil-Design: Harley Earl
1927 hatte er ihn gefunden: Harley Earl. Earls Vater hatte
in Los Angeles einen großen Karosseriebetrieb aufgebaut, der auch für
Hollywoodstars entwarf und produzierte. Harley Earl folgte dem Ruf in die Motor
City und baute die legendäre Abteilung »Art and Colour Section« auf, die Urform
jeder Designabteilung. Earl war ein Genie: Er war visionär, hatte ein Gespür
für Trends, konnte zeichnen, delegieren, verstand die Ingenieure und konnte
seine Ideen dem Vorstand verkaufen. Der erste Wagen, der nach seinen Ideen
produziert wurde, war der Cadillac La Salle von 1927, mit fast 30.000
verkauften Einheiten ein großer Erfolg. Von da an trug jeder Wagen, der bis
1959 die Werke von GM verließ, den Stempel von Harley Earl, der sich von Anfang
an ein Mitspracherecht bei jedem neuen Modell hatte zusichern lassen.
Der zweite Vater
des Design: Raymond Loewy
Auf Harley Earl werden wir hier noch häufig zu sprechen
kommen. Es gibt jedoch noch einen zweiten Urvater des Design, der nahezu
zeitgleich seine Karriere in den Vereinigten Staaten beginnt und den Beruf des
Industrial Designers überhaupt erst etabliert: Raymond Loewy. Loewy war nach
dem ersten Weltkrieg von Frankreich in die USA ausgewandert und arbeitete
erfolgreich als Grafiker. 1928 bekam er den ersten Auftrag für ein
Produktdesign: Er sollte ein Vervielfältigungsgerät in eine neue, attraktive
Form bringen. Mit Hilfe von Ton modellierte er eine neue Form um die vorhandene
Technik herum. Auch Earl hatte bereits mit Tonmodellen gearbeitet und führte
diese Technik als Standard in das Automobildesign ein. Beide, Earl und Loewy,
begründeten den Vorsprung Amerikas in der industriellen Formgestaltung; beide
schufen Berufsverbände, Regelwerke, Ausbildungsinhalte und bauten große
Design-Abteilungen auf, die in der Lage waren, gleichzeitig mehrere Projekte
abzuwickeln. Bis Loewy jedoch Autos designte, verging noch über ein Jahrzehnt.
Das erste Industrie-Design von Raymond Loewy: kein Auto, sondern ein
Kopierer, 1929 (Archiv Autor)
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