Samstag, 25. August 2012

Folge 13: Design im British Empire, Pt. 1

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Design im British Empire, Teil 1
Klassenbewusstsein auf vier Rädern

Vor dem Zweiten Weltkrieg hatten britische Automobile teilweise als schnell, teilweise als luxuriös, teilweise als sportlich gegolten, gestalterisch waren sie nicht weiter aufgefallen. Aufregende Designs für Bentleys oder Rolls kamen von französischen Karrossiers; die automobile Form wurde erst ab 1950 als Argument am Markt erkannt.

Es war vor allem die Marke Jaguar, die bewies, dass das Design eines Autos – vorausgesetzt die Technik hielt mit – entscheidend am Erfolg beteiligt war. Die Limousinen zeichnete der Gründer William Lyons selbst, die Sportwagen entwarf der Aerodynamiker Malcolm Sayer, der nach dem Krieg aus der Luftfahrtindustrie zu Jaguar gekommen war. Der XK 120 von 1948, die Rennwagen C- und D-Type, vor allem aber der XK-E von 1961 machten Jaguar zu einer festen Größe der britischen Automobilindustrie. Gemessen an anderen Oberklasse-Limousinen waren die auch sportlicheren Jaguar-Saloons stilistisch bis 1963 weit vorne.
Der XK 120 von 1948 bezog sich auf die Stromlinie der späten 1930er Jahre (Talbot-Lago, Bugatti). Die MGs aus der gleichen Zeit waren im Vergleich dazu stilistisch gesehen Seifenkisten. Deckblatt des Prospekts für den internationalen Markt

Vom Oberhaus in die Vorstädte
Rover war neben Ford England bis in die 1960er Jahre einer von zwei Herstellern mit einer Designabteilung, die klein, aber fein war. David Bache hatte mit dem Rover P5 eine repräsentative Limousine gezeichnet, die englische Werte mit amerikanischen Einflüssen (Chrysler 300) vermischte. 1963 lieferte er mit dem P6 eine moderne Mittelklasse-Limousine ab, die 14 Jahre lang nahezu ohne Retusche in Produktion blieb.

Für die viel größere Austin-Gruppe spielte Design eine untergeordnete Rolle. Der Italiener Ricardo Burzi war Ende der 1920er Jahre auf Empfehlung von Vincenzo Lancia zu Austin gekommen und entwarf plumpe, knubbelige Modelle. Als man damit ab 1957 nicht weiter kam, beauftragte man – wen sonst? – Pininfarina, der für viele Jahre Austins Hausdesigner blieb. Der A40 Farina brachte italienisches Flair ins Reich des Nebels.
Der Triumph Herald war von Michelotti gezeichnet worden. Pininfarina hatte für den Austin Cambridge ganz ähnliche Heckleuchten und -flossen entworfen – ein bisschen Detroit für die Insel. Foto aus einem Verkaufsprospekt, ca. 1968.

Austins ewiger Rivale war Triumph-Standard. Auch hier suchte man Ende der Fünfzigerjahre nach neuen Lösungen, doch eine eigene Designabteilung gab es nicht. Da Pininfarina bereits gebucht war, blieb nur der Weg zum Konkurrenten Michelotti. Dieser entwarf zwischen 1957 und '77 alle Triumph-Modelle wie den Herald, den TR4, den 2000 und den Spitfire.

Design ohne Gestaltung?
Was ist eigentlich, wenn ein Auto vor allem seiner Form wegen geliebt und verehrt wird, diese Form aber nicht im klassischen Sinn »designt« wurde, sondern von einem Konstrukteur bzw. Ingenieur um die Technik herum »gefummelt« wurde? Natürlich sprechen wir auch hier von Design, denn das Objekt bzw. Produkt hat ja eine Gebrauchsform. Dem Erfinder des Austin Mini, Alec Issigonis, war Design suspekt. Er glaubte an die Überzeugungskraft der guten technischen Lösung, was ihm beim Mini auch gelang. Seine frühen Skizzen zum Mini zeigen auch, dass er von Anfang an eine Vorstellung der Karosserieform hatte, auf die Ausarbeitung von gestalterischen Details, ja gar eine Ausschmückung verzichtete er ganz bewusst. So gelangte der Mini in die paradoxe Situation, innerhalb weniger Jahre nach seinem Erscheinen 1958 zu einem Zeichen von Modernität, Hipness, Swinging London etc. zu werden, obwohl er konstruiert und nicht designt worden war. Heute gilt er als Design-Ikone ...
Alec Issiginis' Geniestreich: Der »Mini« von Austin, Morris, Riley, Wolseley, Innocenti. Ein Auto »ohne« Design, dessen Form (ähnlich wie beim VW Käfer) Symbol einer Zeit und eines Lebensstils wird. Pressefoto von 1962

Das Elend der britischen Autoindustrie lag noch in weiter Ferne – doch der Verzicht auf technische und gestalterische Weiterentwicklung begann bereits Mitte der 1960er Jahre.

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