Industriedesign
– Automobildesign
Vom Kühlschrank
zum Auto und zurück
In den USA entstanden Industrial Design (Gestaltung von
Gebrauchsgütern) und Automobildesign parallel – die Designabteilungen der
Automobilhersteller hießen jedoch Styling Department und nicht Design
Department. Das sollte in Europa Folgen haben. In den 1920er Jahren hatten
Bewegungen und Schulen wie der Deutsche Werkbund, das Bauhaus, aber auch
Architekten wie Le Corbusier oder Adolf Loos einen Designbegriff entwickelt und
propagiert, der sich auf das Funktionale berief und jede modische Form, jedes
Ornament, jede Zutat, die nicht zu begründen war, ablehnte. Man suchte nach
idealen Formen, die nicht mehr zu verbessern waren und nicht nach der variablen
Gebrauchsform für den Konsum. In den Augen der Europäer war daher die
amerikanische Gestaltung kein Design, sondern nur Styling: eine beliebige, der
Mode unterworfene und vom Publikumsgeschmack diktierte Formgestaltung, während
das »wahre« Design nach der einen, perfekten Form suchte. Ganz wenige
europäische Industrial Designer haben sich daher vor 1970 mit dem Automobil
beschäftigt.
Nash Metropolitan 1954, Entwurf William Flajole (Foto M. Caspers)
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Hauptsache
Design
In Detroit hatte man damit kein Problem. Es gab Konzerne,
die neben Automobilen z. B. auch Weiße Ware, Landmaschinen und Lokomotiven
herstellten (Nash, Willys, GM) und es gab Designer, die keinen Unterschied
sahen in der Gestaltung von Haushaltsgeräten, Investitionsgütern und
Automobilen. George Walker, der spätere Designchef von Ford, arbeitete davor
viele Jahre lang als selbständiger Industriedesigner und Berater für
verschiedene Firmen. Designer wie Richard Arbib oder Wiliam Flajole machte sich
nach ersten Erfahrungen bei GM selbständig und entwarfen Boote, Kühlschränke,
Uhren, Wohnwagen und Autos (der Nash Metropolitan ist der berühmteste Entwurf
von Flajole). Von Raymond Loewy und seinem Studio haben wir bereits gesprochen.
Sogar Harley Earl, der Designchef vom GM, betrieb in den 1950er Jahren nebenbei
ein Designbüro, in dem er Aufträge für Nicht-Autokunden abwickelte. Albrecht Goertz
machte sich nach seinen Jahren bei Loewy selbstständig und designte ab 1953 u.
a. Fotoapparate, Fernseher – und Autos: Kunden waren BMW, Nissan und Datsun.
Renault R8 1962, Entwurf Renault Style, Philippe Charbonneaux (Foto
Regie Renault S.A.)
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Nur gestylt oder
schon designt?
So ein Seitenwechsel war in Europa selten. In den 1950er
Jahren gibt es nicht einmal eine Handvoll Designer, die von Haushaltsgeräten zu
Automobilen wechseln oder umgekehrt. In Frankreich wagt Philippe Charbonneaux,
der erfolgreich Möbel und Elektrogeräte entworfen hatte, den Schritt und baut
1961 bei Renault die Designabteilung »Renault Style« auf, wo unter seiner
Leitung u. a. der R8 und der R16 entstehen. In Großbritannien arbeitete Ogle
Design seit 1958 für Leyland Nutzfahrzeuge, später für Reliant. Deutsche
Designer wollen sich die Hände nicht am Styling verbrennen; erst Ende der
Sechzigerjahre gibt es Ideen aus dem Umfeld der Hochschule für Gestaltung Ulm (autonova gt
und autonova fam von Piero Manzoni und Michael Conrad) und dem Studio des
HfG-Dozenten Hans Gugelot. Styling hatte in Deutschland, der Schweiz und
Skandinavien ganz lange einen schlechten Beigeschmack. Als sich Giorgetto
Giugiaro 1968 selbstständig machte, nannte er seine Firma erst ItalStyling,
änderte den Namen dann in ItalDesign. Das war gleichzeitig der Beginn der
Emanzipation des Automobildesigns als Gestaltungspraxis.
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