Exportschlager
italienischer Stil
Die Scuola
Italiana erlangt Weltgeltung
In den 1950er Jahren erholte sich Oberitalien dank
Marshall-Plan und europäischem Verbund relativ schnell. Die seit 1933 in
Mailand stattfindende Designmesse »Triennale« rückte in den Jahren 1954 und
1957 eine neue Formensprache ins Licht, den »Stil Novo«. Die geschwungenen
Formen setzten sich klar vom rechtwinkligen Funktionalismus des Bauhaus, aber
auch vom chrombeladenen Streamline-Stil der Amerikaner ab. Italienisches Design
war von nun an ein Markenzeichen – auch und gerade im Automobildesign.
Europäische und amerikanische Hersteller kooperierten mit den Studios der
Scuola Italiana und schmückten sich mit deren Namen: Chrysler, VW, Volvo und
Fiat mit Ghia; Nash, GM, Peugeot, Lancia und Austin mit Pininfarina; BMW, Alfa
Romeo, Fiat, Simca mit Bertone – von den Sportwagenherstellern gar nicht zu
reden.
BMW 501 »Barockengel«: Bewahrung des Vorkriegs-Looks (BMW AG) |
50er Jahre:
Konstruktion statt Entwurf
Während die amerikanischen Hersteller nahezu ausnahmslos
eigene Styling- bzw. Designabteilungen unterhielten, war das Thema Entwurf bei
den Europäern nachgeordnet. Kaum einer der größeren Hersteller hatte vor 1960
eine eigene Stylingabteilung – und wenn, dann war sie der Konstruktion
untergeordnet. Die Ingenieure hatten das Sagen. Bis in die späten 1950er Jahre
hielten viele Hersteller zudem am Vorkriegsgeschmack fest; der BMW 501
»Barockengel«, der 190er und der 300er Mercedes »Adenauer« kamen stilistisch
noch aus den späten 1930er Jahren. Um frischen Wind in die Produktpalette zu
bringen, beauftragte man externe Studios, in der Mehrzahl die italienischen.
Einzelne Designer wie Michelotti oder Frua, vor allem aber die großen Studios
wurden zum Entwurfs- und Entwicklungspartner der etablierten Hersteller. Oft
standen die hausinternen Stilisten in Konkurrenz zu den externen Entwerfern;
gegen den italienischen Stil Novo hatten sie meist keine Chance.
Lancia Flaminia Coupé von Pininfarina – die Trapezlinie der späten
Fünfzigerjahre
|
Pininfarina
Von den Studios der Scuola Italiana ist keines so
einflussreich (und letztlich auch erfolgreich) gewesen wie PininFarina. Battista
Farina hatte ein untrügliches Gespür für das Auto der Zukunft: schlank,
sachlich, dennoch elegant. Er und seine Designer schufen Kleinwagen, Mittel-
und Oberklasselimousinen, Coupés und reinrassige Sportwagen und verhalfen
etlichen Marken zu einem Stil, zu einem Gesicht. Auch wenn Bertone, Ghia,
Touring, Vignale und Zagato fantastische Entwürfe auf die Straße brachten,
niemand war so produktiv und innovativ wie PininFarina. Der Einfluss dieses
Studios war von 1946 an bis in die 70er Jahre nur mit GMs Styling Department zu
vergleichen. Erst als in den 1970er Jahren nahezu alle Hersteller eigene
Designabteilungen eingerichtet hatten und an einem Marken typischen
Erscheinungsbild arbeiteten, wurde der Einfluss von Pininfarina, wie die Firma
und die Familie ab 1962 offiziell geschrieben wurden, etwas weniger. Auf diese
große italienische Designschmiede werden wir noch häufig zu sprechen kommen,
denn von Gesamtdesigns bis hin zu Detaillösungen erwies sich Pininfarina als
das innovativste Studio.
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